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“Wir leben hier nicht, wir atmen nur“ – Als regierungskritischer Blogger im Asyl in Chemnitz

Aus dem Iran nach Chemnitz: Mesbah Mohammady

 
Am Mittwoch sprach der Iraner Mesbah Mohammady im Weltecho über seine Zeit als regierungskritischer Blogger und Journalist im Iran und über seine Erlebnisse als Asylbewerber in Deutschland. Organisiert wurde die Veranstaltung von „myblögchen“.  Wir waren vor Ort und haben den Inhalt des Vortrags für euch zusammengefasst:

Sprachmittler Mostafa Alemi (links), Mesbah Mohammady (rechts)
Sprachmittler Mostafa Alemi (links), Mesbah Mohammady (rechts)
Mesbah begann den Vortrag im Jahr 2003, dem Jahr in dem er mit dem bloggen begann. Mit seinem Blog wollte er Menschen im Iran und auf der ganzen Welt erreichen. Er kommentierte aktuelle gesellschaftliche und politische Debatten.
 
Mesbah sprach über die Verwendung von „Google-Bombs“, dabei werden die Suchergebnisse beeinflusst. Eine bekannte Manipulation hängt mit George Bush jr. zusammen. 2003 vereinbarten Gegner, Bush mit den Suchworten „miserable Failure“ zu verbinden.
 
Beim Google-Bombing von Mesbah ging es um einen Streit zwischen National Geographic und iranischen Bloggern. National Geographic beharrte darauf, dass der Golf vor Iran (und anderen Ländern) persischer Golf genannt wird und die Iraner forderten den arabischen Golf.
 
Er berichtete von einem Versuch der iranischen Regierung, die regierungskritischen Blogger auf eine Kundgebung zu locken und einer Massenfestnahme zu unterziehen.
Er sprach über die Festnahmen und Misshandlungen von Systemkritikern, die in mehreren Fällen sogar bis zum Tod führten.
 
Hunderte wurden bei den Protesten gefangen genommen oder getötet. Dies spornte ihn an, seinen Blog noch ernsthafter zu betreiben, selbst als die Regierung des Irans begann diese Kritiker zu verfolgen und ruhig zu stellen.
 
Als die Regierung begann das Internet immer weiter zu zensieren, begannen Blogger den Kurznachrichtendienst „Twitter“ zu nutzen, dieser war der Regierung anfangs unbekannt. Dadurch konnten die Systemkritiker zeitweise ihre Botschaften darüber verbreiten. 
Er berichtete wie, durch VPN-Verbindungen, die von europäischen Netzaktivisten zur Verfügung gestellt wurden, den iranischen Bloggern weiterhin ein Sprachrohr zur restlichen Welt zur Verfügung stand.
 
Doch spätestens als Massenmedien wie die BBC Informationen aus seinem Blog für ihre Berichterstattung nutzten, wurde die Regierung auf ihn aufmerksam. Ihm drohte eine Gefängnisstrafe, er wurde von den Sicherheitsbehörden bedroht.
2013 beschloss er aus dem Iran zu fliehen und in Europa Asyl zu suchen, 3 Monate später folgte ihm seine Frau.
 
Mesbah machte hier die Bekanntschaft mit einem menschenunwürdigen Asylsystem, in dem er nicht mal Sprachkurse – für ihn ein Grundrecht – besuchen konnte. Dies steht nur minderjährigen Flüchtlingen zur Verfügung.
 
Er berichtete von seinem Aufenthalt in einem bayrischen Asylbewerberheim, in dem er zusammen mit über 900 anderen Menschen untergebracht wurde und tagtäglicher Beobachtung und Kontrollen ausgesetzt war. 
Anfangs durfte er lediglich 7 Tage im Monat und nur bei vorheriger Antragstellung seine Frau besuchen, die einem Chemnitzer Asylbewerberheim zugeteilt wurde. 

“Wir leben hier nicht, wir atmen nur“

 Aufgrund der Ungerechtigkeit die er in Deutschland erlitt, schloss er sich mit anderen Flüchtlingen zusammen und gründete das “Asylum Seekers Movement“, eine Bewegung von Flüchtlingen die versucht auf die Missstände im Asylsystem hinzuweisen, um die Asylbedingungen in Deutschland verbessern.
Mesbahs Wunsch ist es, sich hier zu integrieren und seine Arbeit als Blogger fortsetzen zu können um weiterhin Menschen im Iran informieren zu können.
 
“Wir leben hier nicht, wir atmen nur“ – mit diesem eindrucksvollen Satz beschreibt er die Situation von Asylbewerbern in Deutschland. 
Er meint, dass dies nicht die Vorstellung von Freiheit ist, die ein Flüchtling hat, wenn er nach Deutschland kommt. 
Manchmal, sagte Mesbah, war seine Arbeit als Blogger in einer Diktatur sogar einfacher als im Asyl in Deutschland. 
 

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