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Landtagswahl in Sachsen – eine bittere Pille

Wahlergebnis (Quelle: www.sachsen.de)

ein Gastbeitrag von Sandra Willer

Original Gastbeitrag: http://www.ruhrbarone.de/sachsenlt/88475

Landtagswahl in Sachsen – eine bittere Pille

 

Das Wochenende ist vorbei und Sachsen hat gewählt.

Für mich als Piratin ist das Ergebnis erschreckend ausgefallen.

Sandra Willer
Sandra Willer

Bereits der letzte Landtag zeichnete sich durch eine konservative Grundrichtung aus.

Grundrechte, deren Durchsetzung versprochen wurde, wie z. B. die Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft kamen keinen Schritt voran.

Die Bildungslandschaft wurde kaputt gespart und die Mitbestimmung von Studierenden durch das Hochschulfreiheitsgesetz stark eingeschränkt. Sicherheit vor Freiheit – mit diesem Gedanken wurden innenpolitische Scharfschüsse wie die Funkzellenabfrage oder die Einrichtung von Gefahrenzonen ermöglicht und so Bürgerrechte auf skandalöse Weise eingeschränkt. Gleichzeitig sparte man bei Polizei (Prävention und Streife) und Lehrkräften.

Die Mitbestimmung der Bürger gibt es nur in Ausnahmefällen und dann mit hohen Hürden. Einfache Nutzung, z. B. durch eine verbesserte Möglichkeit zu Volksabstimmungen oder die Einführung von Open Antrag (Bürgeranträge direkt an Entscheidungsträger wie Stadtrat und Landtag) – Fehlanzeige.

Die Wahrung von Grundrechten und eine effektive Bürgerbeteiligung auf allen Ebenen: das alles waren Punkte, die mich 2012 zu den Piraten brachten. Im Landtag wollte ich diese Fehlschläge der regierenden Parteien in Sachsen korrigieren und mich dafür einsetzen, Menschen für Politik zu begeistern.

Nun wurde in Sachsen gewählt.

Der Landtag in Sachsen setzt sich in der nächsten Regierungsperiode zu über 50 Prozent aus konservativen Kräften zusammen; ca. 14 Prozent sind im rechten politischen Spektrum zu verorten, falls die NPD den Einzug schafft*. Dieses Ergebnis lässt mich befürchten, dass es keine vorwärts gewandte Politik geben wird.

Wahlergebnis  (Quelle: www.sachsen.de)
Wahlergebnis (Quelle: www.sachsen.de)

Bereits während der Europawahl erlebten wir einen Rechtsruck, der in seinem Ausmaßerschreckend war und nicht als unglücklicher Zufall abgetan werden kann. Er ist strukturell und zog sich durch alle Gesellschaftsschichten.

Es zeigte sich, dass Schwarz-Weiß-Parolen gegen Einwanderung und die Aufnahme von Flüchtlingen mehr Zugkraft besitzen als komplexe Begründungen. Die Angst vor dem Unbekannten und vor einer erneuten Krise regiert in vielen europäischen Ländern.

Auch in Sachsen wurde mit der Angst der Bürger Politik gemacht. Obwohl Sachsen kein klassiches Problemland beim Thema Migration ist, wurden bewusst Ängste geschürt; das leider nicht nur von den “üblichen Verdächtigen” sondern genau so von demokratischen Parteien.

So stieß die CDU Sachsen mit ihrem simplen Slogan für ein sichereres Sachsen in dasselbe Horn, und das in dem Wissen, dass die Kriminalitätsrate in Sachsen stetig gesunken ist. Dieses Teufel-an-die-Wand-Malen trug maßgeblich dazu bei, mehr Ängste zu schüren.

Dadurch wurden die Bürger weiter verunsichert und Vorbehalte geschürt statt abgebaut.
Unter anderem das führte zu dem Ergebnis, das wir vor uns sehen.

Das Ausscheiden der FDP war bereits vor der Wahl abzusehen; nicht nur aufgrund erwartbarer Rückwirkungen von der Bundesebene. Diese Partei bemühte sich um eine Verortung als wirtschaftsliberale Partei. Das Attribut Wirtschaftskompetenz ist jedoch bei den Bürgern seit Kurt Biedenkopf und der wirtschaftlichen Erholung nach der Wende mit der CDU verbunden und somit bereits besetzt. Die Kampagne “Sachsen ist nicht Berlin” bzw. “Ich liebe Sachsen” wurde dementsprechend nicht gut angenommen.

Dass die FDP ansonsten durch Abwesenheit und das Verdecken anderer Wahlplakate glänzte, tat sein Übriges.

Nun müssen der Landtag und der Freistaat Sachsen ohne eine liberale Kraft auskommen, denn auch die PIRATEN wurden nicht in den Landtag gewählt.

Wir PIRATEN wären die Möglichkeit gewesen, in Sachsen Bürgerbeteiligung zu einem relevanten Thema werden zu lassen. Doch die Bürger in Sachsen gaben meiner Partei eine klare Absage. Wir haben es trotz eines sehr aktiven Wahlkampfes nicht geschafft, das Vertrauen der Bürger zu gewinnen. Und ebenso haben wir es nicht geschafft, ihre Ängste zu überwinden.

Das ist eine bittere Pille, die nicht leicht zu schlucken sein wird.

Doch wir geben unsere Vision nicht auf, dass Sachsen zu einem Land wird, in dem Grundrechte für alle gelten und Mitbestimmung endlich eine Selbstverständlichkeit wird.

Im Moment bleibt jedoch die Erkenntnis:

Sachsen hätte als Land mit Kulturgeschichte und Wissenschaftstradition Vorbild sein und mutig neue Wege beschreiten können. Stattdessen können wir in den kommenden fünf Jahren keine Impulse aus dem Parlament erwarten, im Gegenteil. Stillstand in der sächsischen Landespolitik ist nun im Grunde das Beste, was uns passieren kann. Jede Bewegung kann nur in eine rechtskonservative Richtung gehen.

 

*= dieser Text entstand bereits in der Wahlnacht. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis ist die NPD nicht im Landtag vertreten.

 

Bild: www.sachsen.deLogo

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